Texte

Michael Berger in den Lübecker Nachrichten vom 31. November 2014 zur Jahresschau Lübecker Künstler in der Kunsthalle St. Annen:

… Doch es sind vor allem die Installationen, die den Anspruch auf Originalität einlösen. Die Improvisationen des verschmitzten Künstlerpaars Sabine und Christian Egelhaaf passen ohnehin in keinen Rahmen, auch diesmal sind sie mit eher peripheren Werken vertreten: mit einem lichtkinetischen Objekt, dessen Prisma-Folie· erstaunliche Schatten erzeugt. Man muss genau hinschauen. Sabine Egelhaaf hat weiße Bambusstangen in luftiger Höhe quer in die Treppenaufgänge geklemmt. Quasi als Widersprüche gegen die überaus strenge BetonArchitektur. …

Sommertipps Art-Magazin

Video von der Eröffnung in der Wassermühle in Trittau 2012

Björn Engholm im Katalog zur Ausstellung Wandelbar in der Trttauer Wassermühle im September 2012:

Sabine Egelhaaf steht im weitesten Sinn in der Tradition der „arte povera e spatio“, jener Kunstgattung, die als Gegenposition zur Technikverliebtheit, zum Konsumkult, aber auch zur überbordenden Pop-Art in den Endsechzigern in Italien entstand – und Alltags-, Gebrauchs- und Restmaterialien zu einer neuen, offenen Formensprache zusammenfügt, in der das scheinbar Banale eine unerwartete Materialästhetik gewinnt. So verwendet auch Sabine Egelhaaf einfache Fundstücke, Holzreste, Bleche, Stoffe, Papiere, Glaselemente, um sie mithilfe von Drähten, Fäden, Schnüren, sowie Gips und weißer Binderfarbe zu phantasievollen, oft höchst fragilen Skulpturen zusammen zu setzen. Man kann diesen kühnen, fast schwerelosen Kunstartefakten Bedeutungen zuordnen: Haus, Leuchtturm, Brücke, Käfig, Fahnenmast, Plattform, Bogen, Ring … . Man muss es nicht, sollte es nicht tun! Sie sind Ergebnis eines lustvollen Spiels mit freien Formen – und Angebote an die Lust der Betrachtenden, ihr konventionelles Wahrnehmungskorsett zu sprengen.

Christian Egelhaaf arbeitet mit dem Medium der Fotografie. Ausgangspunkt seiner Werke ist die Suche nach Motiven, das unaufhörliche neugierige Schauen, das subjektive Entdecken und Auswählen von Objekten seiner visuellen Begierde, das Bannen dieser Objekte und ihre Speicherung im PC: tausende, eher wohl zehntausende Aufnahmen schlummern in Egelhaafs Archiv.

Dann folgt die gezielte Suche nach einem Bild als Basis und einem zweiten, das sich formal wie ästhetisch eignet, mit dem Basisbild verbunden zu werden – sich in einer Montage mit ihm zu vermählen. Was dann aus dieser Vermählung folgt, ist verblüffend:

Da wächst die Bundesgartenschau quer durch die Altstadt Schwerins, da werden die Deichtorhallen durchwuchert von einem Naturpanorama, da ergießt sich der Ostseestrand über betonierte Parkplätze und ein Museumsbau verschmilzt mit einem Theater …

Das alles, die Montage differenter Fotobilder und die nur marginale Nacharbeit an Kontrasten, Farbnuancen und den alle Arbeiten durchziehenden Lichteinfällen, entsteht am Computer: ein gutes Beispiel, wie Technik zum Hilfsmittel ästhetischen Ausdrucks werden kann.

Sabine und Christian Egelhaaf repräsentieren zwei, je für sich ganz eigene, ganz selbständige künstlerische Welten; das minimiert die Konkurrenz untereinander, die so vielen Künstlerpaaren in der Geschichte im Wege stand. Und ermöglicht zugleich die Arbeit an gemeinsamen Projekten, in die beide ihre spezifischen Sichten und Fähigkeiten einbringen. Die große Installation aus verspannten Holzlatten und Leuchtstoffröhren oder die Mobile-artige Installation mit der Projektion von Luftblasen auf eine Leinwand sind dafür beste Belege.

Summa: Sabine und Christian Egelhaaf schöpfen aus der realen Welt, die eine aus „poveren“ Materialien, der andere durch fotografisches Erfassen von Natur und Architekturen. Dennoch entführen beide ihre Betrachteter durch kreative skulpturale Formungen und sensible digitale Montagen in Welten jenseits der vertrauten Welten. Ihre Werke sind Offerten an die Phantasie. Und davon kann man in heutiger Zeit gar nicht genug haben …

Michael Packheiser zur Eröffnung im Rathaus Schenefeld, Februar 2010:

… Ihre Arbeiten befinden sich an der Grenze zwischen raumgreifendem Objekt einerseits und Installation andererseits, indem diese auch eine bestimmte Wirkung von Licht und Schattenfiguren erzielen können.

Die Installation „Windpark2“ könnte sogar ein naturwissenschaftlich – künstlerisches Paradoxon darstellen, indem sie gleichzeitig mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten arbeitet: Der Bildeindruck entsteht teilweise durch die erzeugte Geschwindigkeit, mit der sich in einem definierten Rahmen ein Folienstreifen bewegt, gleichzeitig stellt das Phänomen „Licht“ die höchste überhaupt zu erreichende Energie dar, die wiederum durch den Einsatz zweier umfunktionierter Overhead – Projektoren und nicht durch eine Computeranimation erzielt werden.

Eine andere raumbestimmende Arbeit …von Sabine Egelhaaf. Ihre Arbeit „Hütte“ reizt gegenüber dem kinetischen Charakter erstgenanter Installation gleichzeitig mit dem fragilen Charakter des Materials und der dominanten Wirkung. Sabine Egelhaaf hat eine Vorliebe für leichte, fast temporäre Materialen wie die gern von ihr verwendeten dünnen Holzleisten, Bleche, Wellpappen und einfachen Papiere.

Ist es einfach eine Form von organischem Gebilde, das an Bäume, Geäst erinnern soll, oder gibt es vielleicht doch konkrete, gesellschaftspolitische Aspekte, die diese rudimentäre Architektur ausdrücken soll? Man könnte an die jüngsten Bilder von Naturkatastrophen erinnert werden, an zerstörte Häuser, geborstene Wände, aber auch die primitiven Zeltstädte, die aus den übrig gebliebenen Materialien in solchen Katastrophenfällen entstehen.

Es ist der archaische Charakter dieser Arbeiten, die trotz – oder gerade deshalb – wie verkleinerte Modelle wirken. Bilden sie Ausschnitte der vorgefundenen Wirklichkeit ab, oder sind es Fragmente einer surrealen Welt? Ich fühle mich manchmal an die Filmkulisse solcher Endzeit – Filme wie „Waterworld“ beim Anblick dieser Konstruktion genannten Arbeiten erinnert.

Sabine Egelhaaf schafft es in ihrem künstlerischen Ansatz immer wieder, gefundenem, gebrauchtem Material eine neue Bedeutung zu geben. ….

Einen solchen Transfer in eine andere Realität drückt sich auch in den Fotoarbeiten von Christian Egelhaaf aus.

Christian Egelhaafs Photographie überrascht uns zunächst durch den stark verdichteten Ausdruck seiner Bilder, die in der Regel dadurch entstehen, dass zwei Motive oder Bildausschnitte übereinander gelegt werden. Bereits die Surrealisten wie Max Ernst schufen durch die doppelte Belichtung eines Films neue Bildaussagen. Mit den Möglichkeiten der digitalen Bildbearbeitung schafft der Christian Egelhaaf neue Realitäten in seinen Bilderwelten.

Aus zwei selbstständigen, eigenständigen Aufnahmen entstehen ganz neue Bildaussagen, deren neue Zusammenfügung gelegentlich erst beim genauen Hinsehen – beim zweiten Schauen – sichtbar wird. Wir können die beiden Bildebenen für sich erkennen – oder sie additiv zusammenfügen. Es entsteht daraus eine neue Bildaussage, die über den alltäglichen Motiven der Originalbilder steht.

Christian Egelhaaf fordert unseren Blick auf die alltäglichen Motive seiner Photographie heraus, indem er dass Raum – Zeit – Kontinuum in Frage stellt. Wir können nicht gleichzeitig an zwei Orten sein – oder nur in den Fotowelten von Christian Egelhaaf, wenn in der kühlen Eleganz der Berliner Neuen Nationalgalerie plötzlich die Weiten der Marschlandschaft vor Brunsbüttel auftauchen.

Aus der Einführung zur Vernissage „Zwischen Nordlicht und Alpenglühen“ von Silke Eikermann-Moseberg MA, Leiterin der Stadtgalerie im EIbeforum Brunsbüttel, Juli 2007

Das Atelier von Sabine Egelhaaf stelle ich mir als ein großes Spolien und Materiallager vor. Einfache Materialien wie Pappen, Kartonagen, die bereits Picasso zur Hochkunst führte und ihnen damit den Schrecken nahm, finden sich dort ebenso wie Bleche, Drähte, Hölzer.

In den Werken in der Ausstellung bindet Sabine Egelhaaf die verschiedenen Materialiäten über die Farbe Weiß. Sabine Egelhaaf trägt das Weiß dünn und schnell auf. Der schnelle Pinselstrieh, die flüssige Farbe kommt nicht deckend zum Einsatz. Die Material wird nicht unter dem Weiß erstickt, sondern behält sein Eigenleben.

Als übergeordnetes Thema in der Kunst von Sabine Egelhaaf könnte man den Raum bezeichnen – Raum im Sinne von Abgrenzung von Innen und Außen und von Oben und Unten, von Schützen, Verbergen und Freigeben, von Stabilität und Fragilität. Mit viel Freude habe ich am Abend nach dem Aufbau meinen Gedanken erlaubt, den Raum zu ertasten.

Werke wie “Kiste/Rohrrutsche” beschwören Kindheitserinnerungen, Versuche in der Kindheit Architektur zu schaffen – aber auch an ernstzunehmende künstlerisch-architektonische Lösungen mit dem System Rutsche wie 2006 – in der Tate Modern, London von Carsten Höller.

Aus der Einführung zur Vernissage „Zwischen Nordlicht und Alpenglühen“ von Silke Eikermann-Moseberg MA, Leiterin der Stadtgalerie im EIbeforum Brunsbüttel, Juli 2007

Zunächst aus der analogen Fotografie kommend, interessieren Christian Egelhaaf die ,,natürlichen” Verschränkungen von architektonischen Welten in den spiegelnden Fassaden moderner Gebäude. Inzwischen nutzt er die Möglichkeiten der digitalen Bildervvelten, losgelöst von der eher eingeschränkten Manipulierbarkeit von mit Licht bemalten Filmen. Die neuen Bildwirklichkeiten sind in Realität nur noch binärer Code. Deren Erzeuger, die Digitalkamera ist Egelhaafs ständiger Begleiter. Innen- und Außenräume nimmt er auf und katalogisiert sie zu großen Bildarchiven. Aus diesem Fundus wählt er Motive aus kombiniert sie, beispielsweise einen ländlichen Außenraum mit einem musealen Innenraum, in dem Werke von Donald Judd zu sehen sind. Mittels digitaler Bearbeitung schiebt er diese beiden Ebenen übereinander. Der Betrachter ist irritiert, er sucht die Spannung zwischen Innen- und Außenraum, zwischen natürlichem und Kunstraum, zwischen Sonnenlicht und musealem Oberlicht einzuordnen. Ein Spiel mit Polaritäten, ein Spiel mit Seherfahrung wartet auf uns!

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